Eine Reise in den Amazonas Dschungel
- Lisann Hoefer
- 10. Dez. 2022
- 8 Min. Lesezeit
Mit dem Flieger reiste ich nach Leticia, ans Dreiländereck zwischen Kolumbien, Peru und Brasilien. Durch eine lange Flugverspätung, kam ich leider erst am Abend im Hostel an.
Begrüßung mit Musik
Zufälliger Weise fand an diesem Abend ein Festival statt, das "El Pirarucú de Oro". Mit jemandem vom Hostel haben wir dort ein bisschen der Musik gelauscht und etwas gegessen.

Eine Truppe – eine Tour
Am nächsten Morgen gab es im Hostel Frühstück und dann wurde ich direkt von dort von meinem Tourguide abgeholt. In meiner Reisegruppe waren noch 8 weitere Reisende, alle aus Israel. Zwar wurde immer viel in Hebräisch gesprochen, wovon ich nichts verstehe, aber wir waren eine witzige Truppe und haben uns gut verstanden.

Mit dem Boot sind wir gemeinsam zu unserem "Base-Camp" gefahren, wie ich es nenne. Ein Holzhaus auf Stelzen mit Betten, Hängematten, Küche und Essbereich. Es lag auf der anderen Seite des Amazonas Flusses. Wir ließen Kolumbien vorerst zurück, sahen Brasilien zu unserer linken und stießen auf's peruanische Festland. Ich entschloss mich die Nächte auch dort in meiner Hängematte zu verbringen, und nicht im Bett. Denn ich hatte mir selber eine gekauft und dazu ein passendes Moskitonetz, welches sich als sehr nützlich erwies. Nachdem ich die Hängematte aufgebaut hatte, habe ich dort bis zum Mittagessen entspannt. Das Klima hier ist wirklich sehr schwül und heiß. In der Mittagssonne ist es kaum auszuhalten.
Rosa Delfine und rosa Himmel
Am Nachmittag sind wir dann nochmal mit dem Boot rausgefahren um die berühmten rosa Amazonas-Delfine zu sichten. Die Delfine sind rosa, da sie sich von roten Flusskrebsen und -Krabben ernähren. Andere Quellen besagen, dass die Haut so dünn sei, dass das Blut durchschimmert. Der Delfin besitzt keine Rückenflosse, weswegen er auf dem ersten Blick gar nicht wie ein Delfin aussieht. Auf den Fotos scheint es bloß als wäre dort eine Art rosa irgendwas.
Unser Guide erzählte aus eine Geschichte/Saage, weswegen die Delfine hier nicht gefischt und gegessen werden. Eine Göttin eines Baumes des Amazonas verliebte sich einst in einen Menschen, sie zeugten ein Kind. Das Kind wuchs heran zu einem gutaussehenden jungen Mann, der Mädchen oft verführte und benutzte. Die Mutter verwandelte ihren eigenen Sohn, den Halbgott, dann als Strafe in einen rosa Delfin. Nur bei Vollmond verwandelt er sich wieder in einen Mann und geht in die Dörfer um Frauen zu verführen und zu schwängern. Auf jeden Fall kann man so uneheliche Geburten sozial kompatibel erklären, wobei kolportiert wird, dass es in der Vergangenheit ein paar Geburtsurkunden gegeben haben soll, in welchen der „Boto Cor de Rosa“ als Vater eingetragen wurde. Unser Guide erzählte uns auch das jemensch ihm schon erzählte, dass diese Person eine Geburt miterlebt habe, wo ein halb Mensch-halb Delfin geboren wurde. Aber er, und auch ich glaube sowas erst, wenn ich es mit eigenen Augen sehe. Trotzdem ist es cool die Geschichten der indigenen Völker zu hören, die sich schon Jahrzehnte von Generation zu Generation erzählt werden.
Tatsächlich sind wir dann auch noch im Fluss Baden gewesen. Ich wusste ehrlicherweise nicht, dass es üblich für Reisende ist, im Amazonas zu schwimmen. Aber als unser Guide ins Wasser sprang sind wir dann auch hinterher.
Dann haben wir den Sonnenuntergang über dem Amazonas gesehen und sind noch zu einer Sandbank gefahren. Unter rosa Himmel wurde ein Sperrwurf Wettbewerb gestartet und wir haben gemeinsam gelacht und die Natur aufgesogen.
"Nachtausstellung" im Regenwald
Zurück am Camp gab es Abendessen und danach sind wir gleich nochmal losgezogen auf eine Nachtwanderung hinter unserem Haus. Mit Stirnlampe, Gummistiefeln und langer Kleidung (nicht zuvergessen: den Moskito-Schutz) bewaffnet, schlichen wir ca. 1,5 Stunden durch die Tiefen des Djungles.
Ich muss sagen, es kam mir vor wie eine Ausstellung, da wir ein Tier nach dem anderen sahen. Zunächst ein Opossum, dann eine Eule (Sperlingskauz), ein Baby-Ochsenfrosch, der mir schon groß genug war, so einige Baumfrösche und die coolsten Schmetterlinge und Insekten mit oft leuchtenden Augen. Sonst noch viele (Wasser-)spinnen, ein Skorpion und eine ziemlich große Vogelspinne. (gleiche Reihenfolge in den Bildern)
Der zweite Tag beginnt
Am nächsten Morgen, als ich um 5 Uhr Morgens das erste Mal die Augen öffnete, sah ich den roten Morgenhimmel. Es hat etwas gedauert, aber ich kroch aus meinem gemütlichen Schlafsack und ging zum Fluss um den Sonnenaufgang anzusehen.
Wanderung am Morgen
Um 6 Uhr zogen wir alle gemeinsam los, mit Brötchen und Eiern im Gepäck, um später zu frühstücken. Wir sind so früh los, da Affen und Faultiere morgens am Besten zu sichten sind. Ein Faultier schlief oben auf einem Baum und zahlreiche Äffchen und Eichhörnchen waren schon aktiv in den Baumkronen. Manchmal hörten wir nur das Rascheln der Blätter, manchmal sahen wir einen „riskanten" Sprung.
Der Weg war länger als gedacht. Mein Magen knurrte schon. Gegen 9:30 Uhr kamen wir endlich an unseren Zielort an, einen Fluss. In der Zeit, wo unser Guide ein Feuer machte, durften wir eine Runde fischen. Tatsächlich wurde sogar ein Piranha gefischt. Ich war durch meinen Hunger sehr ungeduldig und gab früh auf. Nach dem Frühstück konnten wir dann gestärkt den Rückweg antreten.
Ein neuer Freund
Als wir von unserer Wandertour zurück kamen, saß ein Faultier direkt im Bambus neben unserem Häuschen und schlief. Wir weckten es auf, Schande über uns. Es bewegt sich tatsächlich auch schneller als ich glaubte. Wir machten auch Fotos mit dem von Käfer besäten Tier. Mich störte das wenig, ich genoss die Zeit mit Fauli in den Armen und merkte auch erst danach dass ich blutige Kratzer hatte, da sich Fauli zum festklammert richtig in meine Haut grub.
Gamboa
Nach dem Mittagessen und einer kleinen Siesta ging es dann mit dem zweiten größeren Programmpunkt des Tages los. Wir sind dann mit dem Boot weiter Flussaufwärts zu einer Gemeinschaft namens Gamboa gefahren. Ca. 30 Familien leben hier mit nicht all zu viel, und trotzdem glücklich. Sie sprechen neben Spanisch ihre eigene Sprache Gamboa. In Peru gibt es 45 Sprachen und alleine 42 davon aus Gruppen im Amazonas Regenwald. Es wurde dann im strömenden Regen Fußball gespielt und wir haben ein wenig die Gastfreundschaft des „Stammes“ genossen.
Im gleichnamigen Nebenfluss Gamboa sind wir dann noch weiter flussaufwärts gefahren. Die Sonne ging unter und wir sahen einige Kaimane, die uns auflauerten. Nur die leuchtenen Augen der Alligatoren sind sichtbar, wenn man sie mit Taschenlampen anleuchtet. Unser Guide pirschte sich so einige Male an, um einen Kaiman zu fangen, vergeblich. Aber ein zweiter Guide der mit dem anderen Teil unserer Gruppe unterwegs war, fing zwei Babys, die er uns zeigte. Nach einer kleinen Fotorunde hatte ich die Ehre, den kleinen Kaiman wieder freizulassen. Danach waren wir erst wieder spät im Camp, haben Abendgegessen und sind dann relativ früh ins Bett gegangen.
Mehr Affen und viele Pilze
Am folgenden Morgen war es etwas regnerisch und bewölkt. Aber ich konnte meinen Guide trotzdem noch überredet einen kleinen Weg vorm Frühstück zu gehen. Wir sahen eine Familie der Nachtaffen (Könnt ihr die Köpfe auf dem Bild sehen?), die ich alleine wahrscheinlich nie entdeckt hätte, wir sahen mehr Affen von Ast zu Ast hüpfen und Eichhörnchen.
Ich ließ mich faszinieren von den vielen Pilzarten. Dabei fand ich auch eine von drei essbaren Pilzarten im Amazonas. Weit verbreitet und gut zu erkennen sind die „Wooden Ears“ (dt.: Holzohren), die ihren Namen zum einen ihrer Konsistenz (wie Ohren) und zum anderen dem Ort, wo sie wachsen (am Baum) zu verdanken haben (auf dem letzten Pilz-Foto). Sie sehen ein wenig so aus wie die Ohren vom Holzstamm. Wir packten die Pilze in ein großes Blatt ein, um sie beim Camping zu kochen.
Der Campingausflug
Ein Teil von uns verließ uns dann schon nach dem Frühstück, aber am Vortag gab es auch Zuwachs von zwei Holländern zu unserer Gruppe. Wir packten für eine Nacht tiefer im Jungle und fuhren schon vor dem Mittagessen mit dem Boot wieder richtig Fluss Gambao, aber noch viel weiter flussaufwärts.
Ein Teil von uns fing dann an das Camp aufzubauen, ein anderer Teil war am Fischen und unser Guide machte uns ein Feuer um das Essen zu kochen. Mittags gab es dann auch schon unter anderem meine gepflückten Pilze mit Zwiebeln und Gewürzen zubereitet.
Das Camp wurde mit Plastikdächern bestückt (siehe Fotos) und ich habe nochmal Pilze gejagt und gefunden - mein persönliches Abendessen.
Danach sind wir noch mal alle mit dem Boot zum Fischen rausgefahren. Denn das sollte das Abendessen für alle werden.
Nach dem Festmahl mit Pasta, Fisch und Pilzen sind wir nochmal eine Runde durch die Nacht gelaufen. Dabei fand unser Guide eine kleinere Vogelspinne, welche bei jedem von uns im Gesicht rum krabbelte, da uns unser Guide sonst nicht weiter ließ. Dabei hat sich wie immer rausgestellt, dass ich die schönen Fotos von anderen mache und diese noch nicht mal halb so gute Arbeit mit Fotos von mir leisten. Hier die Fotos im Vergleich...
Schließlich sahen wir auch noch eine Kreuzung aus Skorpion und Spinne, mehr Spinnen(-Häuser) und eine bunte Echse. Außerdem hat es sich ein Baumfrosch im Camp von uns gemütlich gemacht.
Wir kamen gerade so vor dem Regenschauer zurück, und sind dann auch alle gleich in unsere Hängematte geschlüpft. Ich war die einzige, die die Nacht gut geschlafen hat. Denn ich war gut eingekuschelt in meinen Schlafsack, hab den besten Schutz gehabt mit meinem passenden Moskitonetz und bin einfach (dankend) eine sehr einfache Schläferin.
Drei Mahlzeiten in drei Ländern
Am nächsten Morgen haben wir immer noch im Nieselregen unser Camp zusammen geräumt und uns auf den Weg ins Basecamp gemacht. Dort gab es dann Frühstück und dann ging es auch schon zurück nach Leticia, denn zwei aus der Truppe hatten ihren Flug schon um 12 Uhr am selben Tag.
Nachdem ich meine restlichen Sachen im Büro abgeholt habe, bin ich zu meinem Hostel gegangen. Dieses hatte eine schöne Außenanlage mit Pool, den ich erstmal nutzte. Das Wetter ist so heiß und schwül, das der Pool sehr erfrischend war.
Da es möglich ist, nach Tabatinga, Brasilien rüber zu spazieren, entschloss ich mich Mittags in Brasilien zu essen. Ich wusste das Brasilien ein Fußballspiel hat, aber mehr auch nicht. Mein Timing war unabsichtlich perfekt. Ich sah die Brasilianer*innen auf ihren Motorrädern hupend feiern. Mit Trikots und Flaggen fuhren sie durch die Straßen. Später schaute ich dann nach, was das eigentlich für ein Spiel war: Brasilien gewann 1:0 gegen die Schweiz und zog ins Achtelfinale der WM ein.
Ich setzte mich in ein Restaurant, welches mir von dem Rezeptionisten meines Hostels empfohlen wurde: Tres Fronteiras – passend zum Tagesmotto „drei Essen – drei Länder“. Der Weihnachtsbaum stand auch schon dort und auch der Fernseher lief noch mit dem Sportprogramm eingeschaltet. Die Portion war so riesig, dass ich mir noch was für mein Abendessen einpacken ließ. Auf dem Rückweg zum Hostel gab es dann noch ein Eis in Leticia, ein drittes Essen am Tag in Kolumbien.
Am Hostel sprang ich nochmal in den Pool, beobachtete Vögel am Hostel und ließ den Tag in der Hängematte ausklingen. Die Vögel mit den gelben Schwanzfedern auf den Fotos bauen große hängende Nester bis zu 2 Meter Länge an die Bäume. Die Krähenstirnvögel sind weit verbreitet im Amazonas Tiefland und man hört ihre Wassertropf-ähnlichen Klänge zu jeder Zeit.
Die Affeninsel
Da mein Flug am nächsten Tag erst am Nachmittag war, wollte ich den Vormittag noch etwas unternehmen. Der Ort Leticia bietet nicht so viel, weswegen ich zum Hafen ging und von dort mit dem öffentlichen Schiff zur Afffeninsel fuhr.
Die "Isla de los Micos" ist ein absolutes Touristenhighlight. Die Totenkopf Äffchen sind zahlreich an diesem Ort und werden von Arbeitskräften zu einem Platz gelockt. Dort wurde uns dann ein bisschen was über die Affen erzählt und sie sprangen und kletterten auf uns als wären wir Bäume. Sie pinkelten auch… Aber das nahm ich gerne in Kauf. Auf dem öffentlichen Boot, welches wie ein Bus den Amazonas rauf und runter fährt, waren nur vier andere, die hier ausstiegen. Einige Zeit danach kamen größere Reisegruppen, die hier 20 Minuten verbrachten und zum nächsten Programmpunkt fuhren. Erst war ich traurig, dass ich kaum was vom „kolumbianischen“ Amazonas gesehen habe, aber als ich gesehen hab, dass dort alle hingehen und diese Orte wahrscheinlich dadurch voller Menschen sind, war ich für meine Tour im peruanischen Amazonas Dschungel um so dankbarer. Ich muss mir oft selber sagen: ich muss nicht alles sehen! Ich hatte eine wunderbare Zeit und die Affeninsel war auch nochmal schön. Die Affen sprangen sogar auf uns, als wir gerade Fotos von anderen machten und ich habe mich besonders an den Affenportraits erfreut.
Ich erreichte den Punkt, wo ich die einzige Touristin war, und fand es cool die Affen in den Baumgipfeln zu beobachten. Ich unterhielt mich mit den Menschen, die Souvenirs und Handwerk verkauften, und den Menschen des Stammes Ikuna. Meistens stehen hier einige Personen von indigenen Völkern der Umgebung, erklärte mir ein Mitarbeiter. In ihrer traditionellen Indianer Kleidung sind sie eine weitere „Fotoaktion“. Als die Menschenmengen weg waren, packte eine Frau ihr Handwerk aus und häkelte (oder sowas ähnliches) oder sie flechteten sich tatsächlich die Haare. Neben der traditionellen Kleidung besitzen sie natürlich auch „normale“ Kleidung und haben auch teils Handys. Wir rennen ja auch nicht jeden Tag in Dirndl und Lederhos‘ rum.
Meine Zeitplanung war zwar knapp, aber mittlerweile habe ich auch die Gelassenheit der Kolumbianer. Ich bin wieder mit der öffentlichen Route zurück nach Leticia gefahren, von dort zum Hostel, meine Sachen geholt und dann weiter zum Flughafen. Der Blick aus dem Flugzeug war absolut atemberaubend. So weit das Auge reicht, einfach nur Bäume.
Bäume.
Mehr Bäume.
Was für ein unglaubliches Privileg im Amazonas gewesen zu sein.
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